Christina, die vor 15 Jahren in der ersten ANAD Wohngruppe Hilfe gefunden hat

Zukunft

Heute habe ich eine Familie mit zwei Kindern und arbeite in einem Bioladen. Vor fünfzehn Jahren lebte ich in der ersten ANAD Wohngruppe. Vor allem die individuelle Psychotherapie half mir, meine Probleme zu lösen und die Krankheit zu überwinden.

Christina, 44, litt an Magersucht

Was hattest du für eine Krankheit?

Ich hatte Magersucht. 

Wie und wann fing das an?

Das fing ungefähr mit Mitte zwanzig an und steigerte sich so langsam, es war ein schleichender Prozeß. Ich habe damals als Aushilfe in einem Krankenhaus gearbeitet und dort habe ich mich das erste Mal übergeben: Ich war gestresst, alles war mir irgendwie zu viel… ich weiß auch nicht. 

Wie lange hast du in der Krankheit gesteckt, bis du dir Hilfe geholt hast?

Nun ja, ich habe dann Diäten gemacht, habe immer weniger gegessen – ich bin immer weiter in die Krankheit reingerutscht, das ist wie eine Spirale. Und ich konnte das alles nicht mehr stoppen. Dann habe ich in einer Großküche gejobbt, das war ganz schlimm. Da hab ich dann fast nichts mehr gegessen. 

Auf der anderen Seite habe ich für meinen Freund ständig gekocht, ich hatte eine große Sammlung von Kochbüchern – ganz besessen war ich davon. Aber ich habe nie mitgegessen. Für meinen Freund war das alles unerträglich, aber er wusste nicht, wie er mir helfen soll. Er war hilflos – eigentlich hätte er auch Hilfe gebraucht. 

Schließlich hat, ich steckte schon drei, vier Jahre in der Krankheit drin, mein Hausarzt gemerkt, was mit mir los war. Er hat sofort reagiert und sich gekümmert, dass ich in eine Essstörungsklinik komme: Durch seine Hilfe bin ich vier Wochen später in die Klinik Roseneck gekommen. 

Wie war dein Weg der Gesundung? 

Ich war ungefähr ein halbes Jahr in Roseneck. Dort habe ich viel gelernt. Vor allem die Psychotherapie war wichtig für mich. Hier habe ich auch Herrn Schnebel kennen gelernt. Gegen den Rat der Ärzte bin ich dann wieder nach München, weil ich die Berufsoberschule besuchen wollte. Das habe ich dann auch gemacht, aber mein Essverhalten war immer noch sehr gestört: Alles abwiegen, immer dieselben Rituale mit den Nahrungsmitteln, bis ich dann ein kleines Stück Apfel endlich unten hatte. Ich war sozial sehr isoliert damals. Ich hatte einen sehr guten Therapeuten in München, was auch wirklich überlebenswichtig war. Trotzdem stand ich sehr auf der Kippe. Und dann erfuhr ich durch diesen Therapeuten von der ANAD Wohngruppe.

Und da ich Herrn Schnebel von der Klinik Roseneck ja schon kannte, bewarb ich mich um einen Platz dort.

Wie war dann deine Zeit damals in den ANAD Wohngruppen? 

Es war eine gute Zeit für mich: Wir waren vier Patientinnen, ein Kanarienvogel und ein Hund in einer schönen Altbauwohnung mitten in München. Ich ging weiter zur Schule, nachmittags hatte ich meine Therapiestunden und ich war nie alleine, es war immer jemand in der Wohnung – das war sehr wichtig für mich. Auch durch die Sozialpädagogen für meinen Alltag eine Unterstützung zu bekommen – das fand ich super. Weil ich ja vorher auch schon die Erfahrung gemacht hatte, wie schwer es ist, das in der Klinik Gelernte in meinen Alltag zu integrieren. Das halbe Jahr dort war sehr intensiv: Was ich besonders gut fand war, dass ich Probleme, zum Beispiel in der Schule, direkt nachmittags mit meinem Psychologen Herrn Schnebel besprechen konnte und dann am nächsten Tag gleich ausprobieren konnte, ob seine Verhaltenstipps für mich funktionieren. Im Grunde habe ich von allem profitiert. Raus aus meiner gewohnten Umgebung, das Zusammenleben mit den anderen Frauen, die Ernährungstherapie und die Sozialpädagogen, die für jedes Problem immer ein offenes Ohr hatten.

Nun ist das alles mehr als fünfzehn Jahre her: Wie lange hat es gedauert, bis du wirklich aufgehört hast, Kalorien zu zählen?

Nun, wenn ich ehrlich bin, dann hat das sicher sechs, sieben Jahre gedauert, bis ich völlig „frei“ und bedenkenlos gegessen habe.

Wie geht es dir heute? 

Das Thema Essen/ Nicht Essen spielt überhaupt keine Rolle mehr – diese Krankheitszeit ist wirklich sehr weit weg für mich. Von meinem Umfeld weiß keiner davon, einfach, weil es keine Rolle mehr spielt. Ich leben ein ganz „normales“ Leben: habe einen Mann, zwei Kinder, arbeite in einem Bio Laden und bekomme mein Leben ganz gut hin.

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